„Von Grenzen und Gärten oder THE SPACE BETWEEN“ ist der Entwurf für ein neues Alphabet der gemeinsamen Handlungen, das jede:n Einzelne:n als Individuum respektiert, eingebettet in eine komplexe Welt von nahen und fernen Beziehungen.
Während Mobilität bis vor Kurzem noch eine Selbstverständlichkeit war und weitgehend beiläufig stattfand, ist sie nun geprägt von ständigen bewussten Entscheidungen: Gehe ich links oder rechts an der Person vorbei? Warte ich oder beschleunige ich? Reicht der Abstand oder muss ich einen anderen Weg wählen? Der choreografische Aspekt von Bewegung im öffentlichen Raum tritt zu Tage.
Grenzen trennen nicht nur, sie sind auch Berührungspunkte zweier Sphären. Diese Berührungspunkte sind von einander entrückt worden und es entsteht ein Raum zwischen den Grenzen – ohne Berührung. Von Grenzen und Gärten oder The Space Between ist auch ein choreografischer Vorschlag der gemeinsamen, distanzierten Bewegung oder der kollektiven Handlung im distanzierten Umgang. Der Entwurf einer Bewegungsform, die räumliche und physische Distanz überwindet, indem sie neue Verbindungen eingeht.
Besondere Bedeutung hatten und haben Gärten als Raum, der frei ist von Überbauung, auf den die Sonne scheint, wo Wind, Gerüche und das Singen der Vögel wahrgenommen werden können. Sie sind Rückzugsorte vom Stadtleben und zugleich ein sozialer Raum. Handlungen und Bewegungen aller Anwesenden werden initiiert, fließen ineinander und finden Beachtung. Sie bilden einen fließenden Übergang zwischen privaten und öffentlichen Orten. Gärten waren schon immer Spiegelbilder einer Idee von der Welt und einer Vorstellung davon wie sich Menschen darin aufhalten und bewegen. Im Garten Eden ist der Mensch von Gott ins Zentrum gesetzt, im Barock wird der Garten zur choreografischen Anleitung, in der Aufklärung verliert der Garten seine Mauern und wird zur Landschaft – wie der Stadtpark. Wie sieht der aktuell passende Garten aus und wie kann dieser Möglichkeiten für ein Zusammensein eröffnen?
Die Eigenverantwortung im Umgang mit individuellen Entscheidungen innerhalb einer Gruppe sowie ein gemeinschaftliches Verständnis für sämtliche Bewegungs-abläufe stehen im Zentrum dieser Arbeit. Dafür wurde mit zwei, auf den ersten Blick gegensätzlichen, choreografischen Verfahren gearbeitet: Einerseits mit festgelegten Schrittfolgen in Formationen für die ganze Gruppe. Andererseits mit Regeln für verantwortliches Handeln innerhalb einer freien Struktur. So organisieren sich choreografische Verfahren selbst, spielerisch ergeben sich immer wieder kollektive Gebilde, bevor sie sich wieder auflösen, um flexibel und wendig auf andere Impulse zu reagieren.
Künstlerische Leitung, Choreografie: Sabine Glenz. Tanz: Angela Kecinski, Annibal Filipe Henriques dos Santos, Ann-Leonie Niss, Emin Caglar Yigitogullari, Gaëtane Douin, Jonathan Bringert, Larissa Potapov, Sara Ezzell, Shah-Mo Ferkouzad Darouiche, Viktor Braun. Musik: 1. Teil: Georg Friedrich Haas 2. Teil: Ludger Vollmer (UA). Dramaturgie: Matthias Quabbe. Produktionsleitung: Levin Handschuh/Raum21.
Uraufführung: 30.07.2021, Diana Garten im Stadtpark Hamburg
„Von Grenzen und Gärten oder THE SPACE BETWEEN“ wurde gefördert durch die Behörde für Kultur und Medien der Freien und Hansestadt Hamburg. Mit Unterstützung von Wiese e.G. und Sierichs.
Fotos: Matthias Quabbe